Erstmals in Deutschland Hirnschaden bei einem Kleinkind mit Stammzellen aus seinem Nabelschnurblut behandelt
Kind profitierte davon, dass die Eltern sein Nabelschnurblut zur Geburt aufbewahren ließen
Leipzig/Bochum. Zum ersten Mal ist in Deutschland ein Kind mit einem Hirnschaden, einer so genannten zerebralen spastischen Lähmung, mit Stammzellen aus seinem eigenem Nabelschnurblut behandelt worden. Ende 2008 hatte der Junge im Alter von zwei Jahren aufgrund eines plötzlichen Herzversagens einen schweren Hirnschaden erlitten und war in ein Wachkoma gefallen. Die Behandlung erfolgte im Januar 2009 in Kooperation zwischen der Universitätsfrauenklinik am Knappschaftskrankenhaus und der Kinderklinik der Ruhr-Universität Bochum.
Die Eltern hatten das Nabelschnurblut ihres Kindes zur Geburt bei der Nabelschnurblutbank Vita 34 auf eigene Kosten zur privaten Gesundheitsvorsorge einlagern lassen. Deshalb standen die Stammzellen für die Behandlung zur Verfügung.
„Das Kind macht seit der Stammzellübertragung Fortschritte. Es kann bereits wieder sitzen, lächelt und leidet nicht mehr an Krämpfen in Armen und Beinen“, sagt Prof. Dr. Arne Jensen, Direktor der Universitätsfrauenklinik Bochum. „Allerdings ist es noch zu früh, um den langfristigen Erfolg einschätzen zu können.“
Jensen entwickelt mit einem Forschungsteam seit sieben Jahren Stammzelltherapien für die Behandlung frühkindlicher Hirnschäden. In tierexperimentellen Studien hatte Jensens Team belegen können, dass Nabelschnurblut-Stammzellen eine Regeneration im Gehirn unterstützen und so dazu beitragen, motorische Behinderungen zu reduzieren.
„Derzeit erleiden jedes Jahr rund 1.000 Kinder in Deutschland bereits vor oder während der Geburt sowie durch Unfälle bzw. Krankheiten einen Hirnschaden“, so Jensen. „Bislang gab es keine Therapie, die eine Behandlung der Erkrankungsursache ermöglicht. Die Infusion der eigenen Nabelschnurblut-Stammzellen des Patienten verspricht hier erstmals echte Behandlungserfolge.“
Die Eltern hatten bereits kurz nach dem Erkrankungsfall Kontakt zu Stammzellexperten aufgenommen und waren dabei auf die Bochumer Forschungsgruppe aufmerksam geworden. In enger Abstimmung zwischen Prof. Jensen, der Ethikkommission der Ruhr-Universität und Vita 34 wurde die Stammzellübertragung binnen weniger Tage organisiert. Etwa acht Wochen, nachdem das Kind den Hirnschaden erlitten hatte, erfolgte die Behandlung.
„Gerade bei Schädigungen des Gehirns ist es sehr wichtig, dass rasch gehandelt wird“, erläutert Dr. Eberhard Lampeter, Ärztlicher Leiter der Nabelschnurblutbank Vita 34. „Wir wissen aus Forschungskooperationen im Bereich der Schlaganfalltherapie, dass die Erfolgsaussichten umso größer sind, je rascher die Stammzellübertragung erfolgt.“
Lampeter appelliert daher an betroffene Eltern und behandelnde Ärzte, sich im Erkrankungsfall unverzüglich an die Bank zu wenden, bei der das Nabelschnurblut lagert. „Vita 34 verfügt über ein enges Netzwerk an Kooperationspartnern und Forschungsteams“, so Lampeter. „Wenn es in Deutschland oder im Ausland Ärzte gibt, die eine entsprechende Stammzelltherapie erforschen oder entwickelt haben, werden wir den Kontakt rasch vermitteln.“
Nabelschnurblut-Stammzellen sind für Therapien im Bereich der Geweberegeneration sehr interessant, weil sie jung, gesund und besonders heilkräftig sind. Dadurch besitzen sie ein deutlich höheres Potenzial zu Behandlung von Krankheiten als beispielsweise Stammzellen aus dem Knochenmark. Außerdem ist ihre Gewinnung einfach und ohne Risiko möglich.
Über Vita 34
Das Unternehmen wurde 1997 von Ärzten in Leipzig gegründet und ist die älteste und führende private Nabelschnurblutbank im deutschsprachigen Raum. Bislang haben sich mehr als 60.000 Eltern entschieden, das Nabelschnurblut ihres Kindes bei Vita 34 einlagern zu lassen.
Über Prof. Dr. Arne Jensen
Jensen ist Direktor der Universitätsfrauenklinik Bochum und Professor für Frauenheilkunde und Geburtshilfe an der Ruhr-Universität Bochum. Seit 2002 erforscht Jensen mit seinem Team die Transplantation von Stammzellen aus Nabelschnurblut bei perinatalem Hirnschaden. Das Projekt wird durch das Ministerium für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie des Landes NRW gefördert. Jensens Team hat mehrere Studien zu diesem Thema veröffentlicht.